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Interview zum neuen BKA-Gesetz "Eine verdächtige Mail reicht aus"

Im Dienste der Terrorabwehr soll das BKA künftig Wohnungen und Computer heimlich ausspähen dürfen - noch vor Weihnachten stimmt der Bundesrat über das umstrittene Gesetz ab. Der Verhandlungsführer der SPD-Länder Karl Peter Bruch spricht mit SPIEGEL ONLINE über die wacklige Mehrheit in der Länderkammer.

SPIEGEL ONLINE: Auch in der abgeschwächten Version hat das geplante BKA-Gesetz im Bundesrat momentan nur eine hauchdünne Mehrheit. Glauben Sie, dass die bis zur Abstimmung hält?

Bruch: Ja. Die Länder, die den Gesetzentwurf weiterhin ablehnen, haben im Bundesrat zusammen 34 Stimmen, wir haben 35. Und nach meiner letzten Abfrage stehen die auch alle. Damit können wir das Gesetz am 19. Dezember im Bundesrat beschließen und der Bundestag kann am selben Tag dasselbe tun.

SPIEGEL ONLINE: Mehrere Kritiker haben schon Verfassungsbeschwerde angekündigt. Was macht Sie sicher, dass das Gesetz Bestand haben wird?

Bruch: Wir haben uns in einem entscheidenden Punkt durchgesetzt: Bei der Anordnung der Online-Durchsuchung und bei der Auswertung der Daten muss ein Richter mitwirken.

Der ursprüngliche Entwurf sah vor, dass das BKA in alleiniger Machtvollkommenheit hätte sagen können: Wir werten aus und kontrollieren auch selbst, ob wir das dürfen. Hätte man das nicht geändert, wäre das Gesetz angreifbar gewesen. In der jetzigen Form halte ich es für zulässig.

SPIEGEL ONLINE: Kann es sein, dass sich Bund und Länder mehr um Zuständigkeiten in der Terrorbekämpfung streiten als über die Frage, ob der Staat so tief im Privatbereich der Bürger herumschnüffeln darf?

Bruch: Die Abgrenzung der Zuständigkeiten ist für die praktische Arbeit ganz wichtig. Jetzt wird ganz klar geregelt, wann das Bundeskriminalamt für Fälle des internationalen Terrorismus zuständig ist: Wenn die Gefahr mehr als ein Bundesland betrifft, wenn die Gefahr nicht lokalisierbar ist und wenn eine Länderzuständigkeit nicht erkennbar ist.

SPIEGEL ONLINE: Und wann ist Terrorismus international? Schon wenn ein Verdächtiger eine Mail aus Pakistan erhält oder ausländische Zeitungen liest?

Bruch: Eine Mail reicht aus. Wenn das Mainzer LKA erfährt, dass jemand eine verdächtige Nachricht aus Pakistan bekommt, melden wir das ans BKA und verständigen uns, wer in diesem Fall den Hut aufhat. Das wiederum bemisst sich an den eben genannten drei Aspekten.

SPIEGEL ONLINE: Ursprünglich hatten Sie am Gesetzentwurf der Bundesregierung auch kritisiert, dass das Zeugnisverweigerungsrecht für Ärzte, Anwälte, Seelsorger und Journalisten beschnitten wird. Warum haben Sie gerade diesen Punkt in den Verhandlungen aufgegeben?

Bruch: Ich habe immer wieder darauf bestanden, dass es bei der Gefahrenabwehr eine höhere Hürde für Eingriffe ins Zeugnisverweigerungsrecht geben müsse als bei der Strafverfolgung. Aber in dieser Frage hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble keinerlei Bewegung gezeigt. Wir mussten das schlucken, weil wir uns vorher schon in anderen Punkten durchgesetzt hatten – vor allem in der wichtigen Frage mit dem Richtervorbehalt.

Das Interview führte Matthias Bartsch

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