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Nur 8-10 Anfragen pro Jahr...

Update: bitte auch den Nachfolgeartikel lesen (ich hatte zwar überlegt diesen hier zu löschen, aber der Nachfolgeartikel ist ohne diesen hier nicht wirklich zu verstehen ;-)

...sollte es laut den Politikern auf die Daten der Vorratsdatenspeicherung geben. Das wurde uns zumindst vorher ja gesagt.

Und wieviele sind es nun wirklich?

Gisela Piltz von der FDP hat dazu eine kleine Anfrage im Bundestag gestellt. Und ich finde die Zahlen erschreckend:

Zitat aus der Berliner Zeitung:

In 2 186 Ermittlungsverfahren haben Richter von Mai bis Juni dieses Jahres den Rückgriff auf die Verbindungsdaten von Telefonkunden und Internetnutzern angeordnet. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Abgeordneten Gisela Piltz hervor. Dabei nutzten die Ermittler in 934 dieser Verfahren die Vorratsdaten, die Telekommunikationsfirmen und Internetbetreiber seit Januar dieses Jahres sechs Monate lang speichern müssen. Bei weiteren 577 Verfahren sei keine Angabe möglich, ob die Ermittler auf die Vorratsdaten zurückgegriffen haben, teilte die Bundesregierung in ihrer Antwort mit.
In 627 Verfahren sei die Nutzung der Vorratsdaten nicht erforderlich gewesen, heißt es weiter. In 96 Fällen blieb das Auskunftsersuchen der Staatsanwaltschaft erfolglos.



Es sind also doch deutlich mehr Ermittlungsverfahren bei denen "mal eben" auch die VDS benutzt wird. Nachdem das BVerfG nur die Nutzung bei einer konkreten Gefahr für Leib und Leben und(!) wenn alle anderen Verfahren ausgeschöpft wurden erlaubt hat, frage ich mich ob die Richter diesen Grundsatz beherzigen; ich habe nicht so das Gefühl.

Und wenn dann auch noch locker ein Drittel der Ersuchen unnötig waren und trotzdem genehmigt wurden, wer klärt die Richter da mal auf was wirklich erlaubt ist und was nicht? Was muss man machen um sie für den Datenschutz der Bürger zu sensibilisieren?

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Kommentare

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-thh am :

Hast Du eine Quelle für die Behauptung, es werde nur 8-10 Anfragen pro Jahr nach vorratsgespeicherten Daten geben? Das halte ich für so absolut und offensichtlich unsinnig, daß ich schon gerne wüßte, wer das gesagt haben soll (ich erinnere mich an Zahlen dieser Größenordnung nur für die sog. Onlinedurchsuchung). Es ist offensichtlich, daß die Zahl sicherlich vierstellig sein muß.

Eine Vorgabe, daß für den Zugriff auf vorratsgespeicherte Daten eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben bestehen müsse, hat das BVerfG meiner Erinnerung nach im übrigen nicht gemacht - das wäre im Ermittlungsverfahren, das eben gerade nicht der Gefahrenabwehr dient, auch nicht sinnvoll, weil Ermittlungen nie der Abwehr einer "konkreten Gefahr für Leib und Leben" dienen. Das kann eine Vorgabe nur für polizeiliche Ermittlungen sein. Das BVerfG hat daher - insofern konsequent - die Beauskunftung auch auf Ermittlungsverfahren wegen schwerer Straftaten aus dem Katalog des § 100a StPO beschränkt.

Bist Du sicher, daß Du da nicht einiges verwechselt?

Weiter ist es natürlich nicht so, daß "ein Drittel der Ersuchen unnötig waren". Vielmehr konnten ein Drittel der Ersuchen auf Auskunft über Verkehrsdaten ohne Rückgriff auf Vorratsdaten beantwortet werden, weil entweder die entsprechenden Daten aus der Vergangenheit auf anderer Rechtsgrundlage gespeichert waren (Abrechnungsdaten) oder weil sich die Anordnung in die Zukunft richtete. Daraus kann man also nicht auf mangelnde Aufklärung der Richterschaft schließen, sondern allenfalls (wenn überhaupt) darauf, daß die Vorratsdatenspeicherung tatsächlich dringend erforderlich ist (weil bis zu 2/3 der Anfragen sonst nicht hätten beantwortet werden können).

Es erscheint mir insofern - ohne böswillig sein zu wollen - zunächst einmal geboten, dass die Bürger sich einmal über die Fakten informieren, bevor sie andere sensibilisieren wollen. ;-)

Rince am :

Die Aussage mit 8-10 Anfragen kam vom Innenminister selbst - der gesagt hat dass die VDS nur so wenig benutzt werden sollte. Ich suche mal ob ich das entsprechende Zitat noch einmal finde. Und ich verwechsele das nicht mit der RFS :-)

Die Einschränkung auf Leib und Leben kam im November, das ist richtig. Aber schon im März war abzusehen in welche Richtung das BVerfG da gehen wird; demzufolge hätten Richter da schon was ablehnen können. Dass nur 96 Verfahren (also unter ein Promille) abgelehnt wurden stimmt mich sehr nachdenklich.

Das BVerfG hat allerdings schon im März gesagt dass nur zur Verfolgung schwerer Straftaten die Daten genutzt werden dürfen - und wenn alle anderen Maßnahmen erfolglos waren. Letzteres bezweifle ich bei der Menge an Anfragen die es gab. Und ich glaube im Gegensatzu zu Dir eher dass wir die VDS so schnell wie möglich wieder abschaffen müssen wenn ich sehe wie oft dieses "Instrument" benutzt wird obwohl es nichts bringt. Und ja, ich denke dass richtige Polizeiarbeit (wie Ermittlungen, auf die Strasse gehen und mit den Leuten reden) sehr viel mehr bringt, auch wenn es mehr kostet, als erstmal pauschal alles zu durchsuchen was man so finden kann.

-thh am :

seufz

Die Einschränkung auf konkrete Gefahren für Leib oder Leben bezieht sich auch polizeirechtlich begründete Auskunftsersuchen und erfolgte daher auch erst dann, als es entsprechende polizeirechtliche Regelungen gab. Für die strafprozessualen Auskunftsersuchen ändert sich insoweit nichts. Natürlich konnte man deshalb auch nicht "da schon was ablehnen".

Es wurden auch nicht "96 Verfahren abgelehnt"; vielmehr waren in 96 Fällen angefragte Daten bei den Providern nicht mehr verfügbar.

Die Daten stammen - schon aufgrund des Zeitraums - aller Voraussicht nach aus der vom BVerfG angeordneten Sondererhebung über Maßnahmen nach § 100g StPO.

Und - nochmals ohne Dir zu nahe treten zu wollen - da Du offenbar die genannten Zahlen momentan gar nicht richtig einordnen kannst, ebenso wenig wie die Entscheidungen des BVerfG und die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen, finde ich es etwas schwierig, wenn Du auf dieser Basis - zudem ohne Kenntnis der Einzelfälle, nur aufgrund der reinen Zahlen! - die Rechtmäßigkeit der Anordnungen bezweifelst [1] oder annimmst, das "Instrument" werde benutzt, obwohl es nichts bringt (denn dieser Wert wurde gar nicht erfaßt und daher auch nicht in der Antwort auf die Kleine Anfrage genannt). Ich bezweifle daher auch im Hinblick auf die Annahme, "richtige Polizeiarbeit" bringe mehr, das Vorhandensein der entsprechenden Sachkenntnis, die für eine Beurteilung aber erforderlich wäre.

Bevor man sich ein Urteil über eine Sache bildet, sollte man sich IMHO - richtig und gründlich - darüber informieren. Es fällt mir generell bei der öffentlichen Kritik an der Vorratsdatenspeicherung, aber auch an anderen Gesetzesinitiativen und polizeilichen Maßnahmen, häufig auf, daß diese Informationssammlung nicht erfolgt ist oder unzureichend wahr.

Wer aber weder die Rechtslage noch deren Änderungen noch die Gründe dafür noch die Rechtspraxis oder die polizeiliche Praxis (genau genug) kennt, hat nicht nur Schwierigkeiten, Zahlen wie die von Dir zitierten richtig einzuordnen, sondern kann auch kaum fundierte Kritik daran üben.

[1] Das ist übrigens ein Widerspruch in sich: zum einen soll die VDS angeblich gar nicht erforderlich und damit schon deshalb unverhältnismäßig sein, weil sie die Aufklärung von Straftaten nur in einem Bruchteil der Fälle verbessern würde; zum anderen aber ist die Tatsache, daß offensichtlich doch ein an der Zahl der Anordnungen erkennbares Bedürfnis besteht, ein Beleg dafür, daß die Anordnungen teilweise rechtswidrig sind, weil sie so häufig gar nicht notwendig sein könnten? Das ist doch ein Zirkelschluß.

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