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12. Internationale Acappella-Woche: Die lange Acappella-Nacht

Mittwoch ist traditionell der Tag der Pop-Gruppen bei der Acappella-Woche. Mittwoch ist das Konzert immer im Pavillon, mit einer relativ kleinen Bühne und einem langen hochgezogenen Zuschauerraum. Heute abend treten hier gleich drei Gruppen auf: Delta-Q, Newcomberband aus Berlin, die den Video-Wettbewerb für sich gewinnen konnte, Hartmuth und die Hitmaschine und Sonic Suite.

Delta-Q sind eine Acappella-Gruppe aus Berlin, die sich erst im Januar gegründet haben - zwei Mitglieder von "Vokalverkehr", die letztes Jahr bereits bei der Acappella-Woche dabei waren (und mit deren Video damals gewonnen hatten ;-) und zwei weitere Sänger haben ein Video gedreht, welches Dir die Socken auszieht. Nachdem sie dieses veröffentlicht hatten war es recht schnell klar, dass sie den Wettbewerb gewinnen würden...
Auf der Bühne sind die vier zwar sehr nervös, aber sie liefern die Stücke recht passabel ab - eine schöne Version von "Freude, schöner Götterfunken", andere durchaus schwierige Jazz-Stücke, wobei auch ein oder zwei Stücke von Vokalverkehr dabei sind - man merkt die Wurzeln ein wenig ;-) Ich bin mal gespannt wie sich Delta-Q in einem halben Jahr macht. Momentan merkt man noch die fehlende Bühnenerfahrung und die Nervosität beim Auftritt (beim Video merkt man, was sie können wenn sie entspannt sind), da machen sich falsche Intonation natürlich doppelt bemerkbar; aber für ihren ersten größeren Auftritt kann man das verzeihen. Gespannt bin ich auf jeden Fall!

Hartmuth und die Hitmaschine ist ein Projekt von zwei Leuten die sich schon lange kennen - Patrick von muSix und Lukas von maybebop. Sie gingen bereits gemeinsam zur Schule und hatten da schon ihre ersten gemeinsamen Auftritte. Seit letztem Sommer machen sie dann zusammen mit ihrem Tontechniker gemeinsame Auftritte als "Hartmuth und die Hitmaschine", wo sie eine Loopmaschine und Effektmischer einsetzen um Covers (oder eigene Stücke) zu präsentieren.
Beides sind Rampensäue, und das merkt man ihnen an ;-) Sie verbreiten irre Spass und haben diesen auch auf der Bühne, selbst wenn Lukas den Einsatz verpasst und daher das Stück nochmal angefangen werden muss. Macht nix, wird einfach nochmal losgelegt - die beiden auf der Bühne stört es nicht und das Publikum hat was zum Lachen. Ob es nun ein Beatbox-Battle zwischen Lukas und Patrick ist, "Komm rüber" oder "Chasing Cars" - sie bauen die Loops auf und dank ihrem Tontechniker gibt es immer neue Kombinationen der einzelnen Loops für den Auftritt. Ich bin mal gespannt, ob sie für Dortmund ein Vollprogramm fertig haben und was sie dann dort noch singen ;-)

Nach der Pause kommt es zum Hauptact: Sonic Suite. Die Gruppe existiert zwar bereits seit einigen Jahren, aber in Deutschland sind sie noch nicht so bekannt - dafür aber international. Sie haben schon einige Preise bekommen und machen momentan die Welt-Tour von DJ Bobo als Vorprogramm mit. Die Acappella-Woche hatte das Glück dass DJ Bobo gerade Tourpause macht und sie daher diesen Abend "frei" haben. So haben wir das Glück sie heute abend hören zu dürfen.
Die Mitglieder der Gruppe wurden letztendlich gecastet - ein Teil kannte sich, ein Teil wurde durch Vorsingen dazugeholt. Zusammen klingt sie gut, auch die Stimmen bauen gut aufeinander auf und sie haben gute Eigenkompositionen, die in Richtung Pop und Jazz gehen. Indra hat zwischendurch ein Beatbox-Solo - was mich nicht wundert, schließlich kann er das sehr gut und war zwischendurch deutscher Vize-Meister im Beat-Boxen. In der Gruppe hält er sich allerdings zurück und lässt seinen Kollegen den Vortritt.
Was mir gerade bei diesem Konzert allerdings auffällt ist, dass Sonic Suite recht verloren auf der Bühne wirken - als würden sie sich ducken wollen und nicht auffallen wollen. Ich weiss nicht woran es liegt; aber es wirkt alles etwas zögerlich. Vielleicht gerade durch den Kontrast durch Lukas und Patrick, die eine Bühne einfach ausfüllen und denen die Bühne nicht groß genug sein kann, sind diese sechs Mädels und Jungs eher eng zusammen, so als würden sie sich nicht trauen, die Bühne als Plattform (aus-) zu nutzen. Vielleicht müssen sie sich noch dran gewöhnen; weil die Lieder auf der CD (special für die DJ Bobo Tour, wers mag...) klingen deutlich selbstbewusster und kräftiger.
Ansonsten ist es ein runder Act - mit den ersten zwei Liedern präsentieren sie ihr können und laufen sich erstmal warm (und zwischendurch singen sie auch unplugged), danach kommen mitreißende oder auch melanchonische Stücke, gut auf die Gruppe komponiert und durchaus gut zum Zuhören.
Gerüchten zufolge wollen sie im Winter ihre eigene CD haben - ich bin mal gespannt was dabei rauskommt.

12. Internationale Acappella-Woche: The London Quartet - Cantabile

Schloß Landestrost ist - wie eigentlich immer - eines der ersten Konzerte, welches ausverkauft ist. Kein Wunder finde ich - das London Quartet lohnt sich auf jeden Fall. Wir haben sie bereits in Stuttgart in der Hospitalkirche erlebt (ein Konzert, welches vom Renitenztheater veranstaltet wurde), dabei haben sie hauptsächlich klassische, ernste Stücke vorgetragen.
Heute abend ist der Titel des Programms "humour & harmony, Acappella style" welches eher auf einen Comedy-Abend hinweist, und dies beginnt mit schönem britischen Humor. Nach der Ansage singen / spielt das Ensemble ein klassisches Werk, nicht ohne danach bei der Begrüßung darauf hinzuweisen dass sie nicht "The London Symphonic Orchestra" seien, sondern das "London Philharmonic Orchestra", welches man selbstverständlich auch als intelligenter Zuhörer heraushören würde. In diesem Stil gehen die Ansagen und Stücke weiter - es werden entweder die Zuhörer oder die Mitsänger auf den Arm genommen, aber auf eine herzlich elegante Weise, dass man niemandem böse sein kann.
Dabei gibt es eine musikalische Zeitreise - von Madrigalen geht es über Suzette (das Lied, in dem alle französischen Phrasen, die Engländer kennen, vorkommen) bis hin zu "Shine" von Take That, bevor es weiter im Jazz mit Gershwin und Duke Ellington geht. Eine Besonderheit ist dabei das "Cricket Tea Towel": The In and Outs of Cricket, in dem die Anleitung für das Cricket-Spiel verarbeitet wird.
Das Lied "Dry Bones" von den Delta Rhythm Boys wird noch ein wenig aufgepeppt - nicht nur in dem jeder angesprochen Knochen gezeigt wird, sondern - für die Mediziner unter den Zuschauern - indem die lateinischen Namen am Ende gesungen werden. Und so geht es mit viel Humor bis an das Ende ihres Programms, wo sie zeitweise den Text eines bekannten Stückes aus "Cats" vergessen, um dann mit "Strangers in the Night" den Abend ausklingen zu lassen.

12. Internationale Acappella-Woche Hannover: Orlando di Lasso Ensemble

Orlando di Lasso war ein Komponist aus dem 16. Jahrhundert, welcher als bedeutendster Komponist der Zeit angesehen wird, weil durch ihn die Musik der Spätrenaissance durch den intensiven Einsatz der Vokalpolyphonie erfolgreich gemacht wird.

Das Ensemble welches nach ihm benannt wurde singt nun hauptsächlich Lieder von Orlando di Lasso, aber auch andere Komponisten aus der Zeit, wobei sie möglichst die Originalquellen finden und den ursprünglichen Charakter der Musik dem Zuhörer nahe bringen wollen.

Das Konzert findet im Marienkloster statt, in dem wir schon einige Aufführungen erlebt haben - immer frühe Musik, teilweise aus dem 8. Jahrhundert, aber auch sonst eher unbekannte Stücke die in der Klosterkirche durch die schöne Akustik gut zur Geltung kommen können.#

Heute abend singt das Ensemble, bestehend aus zwei Sopranen, zwei Tenören, einem Bass und einem Altus (der auch der Leiter des Ensembles ist), Madrigale nach Francesco Petraca, welcher knapp 200 Jahre vor dem Komponisten gelebt hat. Die Stücke selbst sind in den unterschiedlichsten Lebensabschnitten von di Lasso entstanden - von 1555 bis 1585, also über eine Zeitspanne von 30 Jahren, was zu der Zeit mehr als die Hälfte der erwarteten Lebenszeit entsprach.

Die Stimmen harmonieren sehr gut miteinander, es gibt keinen der raussticht oder den Gesamtklang beeinflusst; das macht das Hörerlebnis sehr angenehm. Die Texte der Stücke werden (auf deutsch) teilweise vorgelesen, was durchaus hilft, die Poesie des Textes nachzuempfinden. Die Musik ist oft auch so geschrieben, dass sie den Text unterstützt - wenn es um Lachen geht, gibt es entsprechende kurze, leicht abgehackte Tonfolgen, wenn es um den Tod oder das Lebensende geht werden die Töne getragener, langsamer und einstimmiger.

Für seine Zeit war Orlando di Lasso der Überflieger - er hat neue Akzente in der Musik gesetzt, eine neue Stilrichtung geprägt. Heute ist er (finde ich) eher langweilig; vielleicht aber auch nur die Interpretation: Vieles klingt sich ähnlich, es gab wenig Akzentuierung oder es fehlten einfach einige heute selbstverständliche Effekte wie Piano oder Forte. Aber das stört den Gesamteindruck des Abends nicht - mich würde da eher interressieren ob das nun an di Lassos Komposition oder an der Interpretation durch das Ensemble liegt. Trotz der Ähnlichkeit waren die Stücke trotzdem schön ausgesucht und vorgetragen und der Vortrag war rundum gelungen.

12. Internationale Acappella-Woche Hannover: Vocal Siete

Das eigentliche Eröffnungskonzert dieses Jahr findet im Cavallo statt: Diese Aufführungsstätte wurde letztes Jahr zum ersten Mal genutzt, mit Vollbestuhlung, um moderne(re) Musik den Zuhörern zu präsentieren, inklusive einer Uraufführung, bei der der Komponist anwesend war und alle Gruppen des Abends beteiligt waren.
Dieses Jahr gibt es einen Auftakt der anderen Art: Vor der Bühne gibt es eine freie Fläche, es sind aussen eher Tische aufgebaut, auf denen man sein Getränk abstellen kann; ansonsten darf man stehen.
Das ist Absicht, da heute abend Tanzmusik kommt: Vocal Siete sind sind sieben Männer von den kanarischen Inseln, die bekannte (und bei uns unbekannte) Stücke covern - oft auf spanisch, aber nicht ohne ein Augenzwinkern dabei. Dazu gehört eine Persiflage auf Tom Jones, Stücke von den Jackson 5 aber auch von den Flying Pickets. Einer der Sänger übernimmt die Ansagen mit einem leidlichen englisch, während die Anderen sich auf das Singen konzentrieren.
Die Aufteilung der Stimmen ist recht statisch; einer hat sich auf Beatboxing spezialisiert und es gibt drei Haupt-Melodiesänger.
Die Stücke werden gut gesungen - es gibt immer wieder kleine Show-Einlagen und Einwürfe, und es werden eher bekannte Lieder vorgetragen, die beim Publikum auch gut ankommen; damit wird die Stimmung praktisch garantiert.
Die Sänger animieren das Publikum, auch mitzutanzen und holen sich für einige Stücke auf Freiwillige auf die Bühne - was zumindest die Stimmung lockert und einige Zuschauer wirklich dazu bringt, sich ein wenig mehr zu bewegen als nur mit den Füßen zu wippen - das Eis war damit dann gebrochen.
Und was soll man sagen? Es wurde Tanzmusik, es sollte nichts anderes werden und die Jungs haben gut aufgespielt
Das Publikum hat sich auch mitziehen lassen - anfangs gab es eher Gemurre wegen fehlender Stühle, aber nach kurzem war das vergessen und die Zuhörer hatten einfach Spass.

12. Internationale Acappella-Woche Hannover: Folkwang Vokalensemble

Das erste Konzert der diesjährigen Acappella-Woche ist in der kleinen Johanneskirche in Völksen. Ein ungewöhnlicher Start, aber es passt zu unserer Stimmung - gestern abend monumental, heute eher ein leiser Beginn der Acapella-Woche.
In dieser Kirche waren wir bereits letztes Jahr zu einem Gesprächskonzert, dieses Jahr darf das Folkwang Vokalensemble ein wenig zeigen, wie Komponisten voneinander abgeschrieben bzw. Ideen übernommen haben und wie sich das durch die Musikgeschichte zieht.
Das Ensemble selbst erleben wir hier zum dritten Mal - dabei waren wir einmal mit dabei, wie sie einen Meisterkurs erleben durften.
Das Ensemble hat sich seit dem letzten Mal wieder verbessert - vorher war es so, dass die Frauenstimmen jeweils aus einer "starken" Sängerin und einer Begleitung bestand, dieses Jahr sind sie stimmlich gleichberechtigt - und alle Sänger singen Soli, teilweise auch völlig alleine.
Das Konzert ist eine spannende Mischung aus Musik von der Gregorianik bis zum deutschen Volkslied; Professorg Jörg Breiding möchte zeigen, wie sich die Musik entwickelt von der Frühzeit, und welche Mittel die Komponisten anwenden um Stücke zu zitieren oder bei sich einzubauen. Den stärksten Kontrast erlebt man bei "Ubi caritas" von Duruflé, wobei vorher das Zitat in der gregorianischen "Reinform" alleine gesungen wird. Für mich ist das Ubi Caritas schon alleine deswegen spannend, weil auch der Akachor in Stuttgart diese Motette (Quatre Motets) von Duruflé vor nicht allzulanger Zeit aufgeführt hat und ich daher das Stück ziemlich gut kenne.
Die Auswahl der Stücke ist gut - natürlich viel Renaissance dabei, das Spezialgebiet des Vokalensembles; aber mit den Erklärungen von Prof. Breiding wird das ganze auch für die nicht so geübten Zuschauer kurzweilig und spannend.
Richtig schön war "Double, Double Toil an Trouble" von Jaako Mäntyjärvi, der die Hexen bzw. das Hexenmahl aus Shakespeares Macbeth besungen hat - man erkennt im Lied wunderbar die finnische Prägung bzw. Herkunft des Komponisten.

Die letzten zwei Stücke waren dann Volkslieder - aber nicht in der üblichen, bekannten Art gesungen, sondern einmal ein Arrangement von Max Reger und einmal eine speziell für "Singer Pur" komponierte Version von "Zu Regensburg auf dem Kirchturmspitz", bei der die Sänger alle möglichen Tierarten imitieren mussten - ein Heidenspaß!

Ein schöner Start in die Woche, ich bin sehr gespannt auf die weiteren Konzerte ;-)

Maybebop monumental: Mit dem NDR Pops-Orchester

Maybebop ist eine Acappella-Band, die dieses Jahr ihr zehnjähriges Bühnenjubiläum feiert. Da dürfen auch durchaus mal Experimente stattfinden - wie dieses Jahr, wo sie mit dem NDR Pops-Orchester gemeinsam Stücke von Maybebop aufführen.
Das ganze findet auch noch im großen Sendesaal des NDR statt, in den richtig viele Zuschauer reinpassen.
Wir hatten die Gelegenheit, das letzte Konzert zu erleben - das Orchester kannte Maybebop inzwischen gut, der Dirigent war entspannt und locker, auch die vier Jungs hatten viel Spass an der Geschichte.
Und was bekamen wir? Eine sehr gute Mischung an älteren und frischen Liedern von Maybebop, sehr gut untermalt vom Orchester. Der Dirigent selbst hat die Arrangements geschrieben, und zu Stücken wie "Fpaniff" auch die ensprechend spanischen Klänge aus den Trompeten zaubern lassen.
Spannend fand ich, dass (wenn Maybebop alleine sangen) die vier Sänger gut zu verstehen, - und vielleicht ein klein wenig zu laut für diesen Saal waren; aber sobald das Orchester dazu kam ihre Verstärkung nicht mehr ausreichte - das Orchester "über"spielte sie einfach mal eben ;-) Es war nicht schlimm, die Texte dürften vielen Zuschauern bekannt gewesen sein (es war kein Abo-Konzert), aber ich hätte nicht gedacht dass der Klangteppich so viel stärker sein würde. Wie gesagt, es machte nicht viel aus, es war nur überraschend.
Toll war auch die Kommunikation mit dem Orchester - man merkte, die Spieler hatten sehr viel Spass an dieser Veranstaltung; bei den Impros hat Oli sie sogar bei der ersten Impro mit eingebunden - als Beat war Techno gewünscht worden und das Schlagzeug durfte schonmal den Schlag vorgeben, die Geigen und Violoncelli durften Töne einwerfen, die Flöten haben spontan beschlossen sich auch einzubringen - man merkte, sie wollten dabei sein und Spass haben.
Mein persönlicher einziger Wehrmutstropfen ist dass die Stücke im ersten Teil "zu nah" an den Originalen waren - aber das änderte sich im zweiten Teil; vielleicht weil dann auch die Stücke nicht mehr Mainstream-Stücke waren, sondern durchaus auch nachdenklich oder kontrovers. Der Beginn des zweiten Teils mit dem König von Thule, den Sebastian als Baß anführt, wo ihn das Orchester weich begleitet, zwischnedurch dann "auf mich herab", wo die Triangel und das Schlagzeug das EKG bzw. den Herzschlag simulieren - da gab es dann doch eine Gänsehaut. Einfach genial arrangiert.

Die Hannnoversche Allgemeine Zeitung hat eine gute Kritik über das Samstags-Konzert geschrieben (ich werde sie nicht verlinken, da ich keine Lust habe, von VG Wort bzw. den Verlagen abgemahnt zu werden), das Konzert am Samstag hat dem wohl noch die Krone aufgesetzt ;-)