Kris hat immer wieder gute Artikel in seinem Blog. Hier schreibt er über die Kluft der Generationen - die ältere Generation von Politikern die das Internet immer noch als Medium ansieht wie die Briefpost, und die Generation die damit arbeitet und aufwächst.
Es regt durchaus zum Nachdenken an. Einerseits darüber ob es überhaupt Sinn macht Politik betreiben zu wollen (momentan sind gefühlt 95% der Personen die im Bundestag sind nicht in der Lage zu erklären wie das Internet funktioniert oder auch nur die Möglichkeiten zu erkennen), andererseits wie man diesen Leuten weiterhelfen kann, ihre kreatürliche Angst vor dem Neuen, Unbekannten zu senken.
Es regt durchaus zum Nachdenken an. Einerseits darüber ob es überhaupt Sinn macht Politik betreiben zu wollen (momentan sind gefühlt 95% der Personen die im Bundestag sind nicht in der Lage zu erklären wie das Internet funktioniert oder auch nur die Möglichkeiten zu erkennen), andererseits wie man diesen Leuten weiterhelfen kann, ihre kreatürliche Angst vor dem Neuen, Unbekannten zu senken.
Kommentare
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-thh am :
Kris' Fazit, es gebe keinen politischen Spielraum mehr, weil das Netz so ist, wie es nun einmal ist, halte ich für ebenso gefährlich wie falsch. Das Netz ist, was man daraus macht.
Und vielleicht ist es gar nicht so sehr so, daß die "Internetausdrucker" lernen müssen, wie das Netz - und damit die künftige Welt - funktioniert, sondern so, daß die "Netzbewohner" lernen müssen, daß die Entwicklung des Netzes, je mehr es Bedeutung außerhalb von "Techie"-Kreisen gewinnt und das Leben der gesamten Bevölkerung prägt, immer weniger von ihnen geprägt und beeinflusst wird, sondern von Politik, Recht und Gesellschaft, auch wenn die vielleicht gar nicht beschreiben können, wie DNS funktioniert oder die Header einer E-Mail aussehen. Das sieht mit Autos, Kernkraft, Gentechnik und Co. nämlich auch nicht anders aus: die Regeln machen diejenigen, die weder Autos noch Kraftwerke bauen können (vielleicht noch nicht einmal regelmäßig Auto fahren) und von der Doppelhelix-Struktur bestenfalls einmal gehört haben - und sie machen sie für den Großteil der übrigen Bevölkerung, für die dasselbe gilt.
Das mag dann auch erklären, warum es nicht 25 Mio., sondern nur ~ 130.000 Unterschriften gibt, obwohl nichts einfacher und unverbindlicher ist, als einmal irgendwo online etwas virtuell zu unterschreiben, und warum man den "Spezialisten" so wenig zuhört.
Und es gibt selten eine rein "digitale" Wahl, wie Kris behauptet. Das Leben ist nicht nur schwarz und weiß, und genauso wenig wie mit dem Auftreten der Supermärkte (mit denen das Problem des Ladendiebstahls seinen Umfang erreicht hat) nur noch die Wahl zwischen Legalisierung des Ladendiebstahls oder eine gigantischen Vollüberwachung bestand, genauso wenig wie mit der Abschaffung des beim Schaffner zu lösenden Tickets (und des Schaffners) und der Bahnsteigschranken mit Kontrollen (mit denen "Schwarzfahren" zum Allgemeinphänomen geworden ist) nur noch die Wahl zwischen Legalisierung des Schwarzfahrens und der Totalüberwachung gab, genauso wenig ist das im Zusammenhang mit digitalen Medien und dem Netz so.
Es bedarf sicherlich neuer Regelungen, wie das immer ist, wenn etwas neues auftritt, und es wird auch für Rechteinhaber (nein - vor allem für Rechtevermarkter!) neuer Geschätfsmodelle bedürfen; aber diese Regelungen werden - wie immer - einen Ausgleich zwischen den Interessen der Beteiligten schaffen müssen, wenn sie geeignet sein sollen. Das ist bislang jedenfalls zugunsten der Rechteinhaber und -verwerter noch nicht gelungen.
Grüße,
-thh
Rince am :
Dass aber die Ignoranz der Politiker wiederholt dafür sorgt dass die Netizens nicht (korrekt) repräsentiert werden sorgt für eine deutliche Verdrossenheit gegenüber den aktuellen Politikern. Und dass es 130000 Unterschriften waren ist ein deutliches Zeichen - die bisher bekannteste und größte Online-Petition, das ist schon ein Erfolg. Mehr als die Benzin-Petition, um mal bei anderen Themen zu sein.
Die Rechteinhaber und -verwerter haben meiner Meinung nach zuviel Lobby und zuviel Macht in der aktuellen Politik. Es gibt viel zuviele Gängelungen die alle nicht sein müssten; die viel Ärger verursachen. Kein Wunder dass die Anwender nach alternativen Wegen suchen. Aber solange die Inhaber immer nur dafür sorgen dass alles sofort unter Strafe gestellt wird anstatt das Netz vernünftig zu nutzen...
-thh am :
Eine Entscheidung für das Zugangserschwerungsgesetz kann durchaus auf fundierter Basis erfolgen - es ist nämlich nicht so, daß die Regelung klar verfassungswidrig, offensichtlich sinnlos, katastrophal oder sonst etwas wäre, im wesentlichen unabhängig davon, wie sie in den Einzelheiten aussieht. Dieser angenommene Zwang ("wer so etwas entscheidet, hat entweder keine Ahnung oder ist kein Demokrat, um schlimmere Worte zu vermeiden") besteht schlicht nicht. Deshalb würde es das Problem auch nicht lösen, den dummen Politikern zu erklären, wie das Netz funktioniert. Man kann das nämlich durchaus verstanden haben, Demokrat sein und trotzdem das Zugangserschwerungsgesetz befürworten oder jedenfalls für tragbar halten.
Grüße,
-thh
Rince am :
- Warum gibt es immer noch Subventionen für Ostdeutschland, der sogenannte Soli? Wird doch für einen breiten Teil der Bevölkerung gar nicht gebraucht
- Warum gibt es nicht längst den verschärften Datenschut und kein Listenprivileg mehr? Da ist mehr als die breite Bevölkerung für dass das abgeschafft wird
- Warum bekommen Banken und deren Manager viel Geld obwohl sie selbst schuld an ihrer Misere haben; und nicht die breite Bevölkerung die diese Schulden nun tragen muss?
Die Entscheidung für das Zugangserschwerungsgesetz wurde zumindest in der Öffentlichkeit nicht auf fundierter Basis getroffen - die vorgebrachten Argumente wurden ja auch sachlich widerlegt (es gibt keinen Massenmarkt, man kann erfolgreich gegen KiPo vorgehen ohne zu sperren...). Diese wurden aber ignoriert bzw. die eigenen Argumente immer wieder vorgebracht, ohne dass die Diskussionsteilnehmer überhaupt gehört bzw. deren Meinung akzeptiert wurde.
-thh am :
Ob es einen Massenmarkt gibt, ist m.E. nicht ausschlaggebend; auch wenn es nur vereinzelte, sogar kostenlose Webangebote mit Kinderpornographie gibt, die über einen längeren Zeitraum frei verfügbar sind, ist eine Sperre auf DNS-Basis m.E. durchaus wünschenswert und sinnvoll - der Umfang ist allenfalls für eine Abwägung der Risiken und Nebenwirkungen relevant.
Daß man (einigermaßen) erfolgreich gegen Kinderpornographie vorgehen kann, ist bekannt; das tut man ja bereits, und das wird man auch nicht lassen. Daß (praktisch) jedes kinderpornographische Angebot binnen kürzester Frist - sagen wir < 1 Woche - beseitigt werden kann, ist hingegen nicht belegt und m.E. auch höchst unwahrscheinlich. Daß eine Verbesserung der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit und der Rechtshilfe bitter Not täte, ist zwar durchaus wahr und wichtig, aber eben nicht "mal eben so" und auch nicht durch deutsche Anstrengungen allein zu erreichen. Ob das BKA als Polizeibehörde des Bundes ohne weiteres selbst direkt an ausländische Provider herantreten darf, ist eine durchaus umstrittene Frage, die nicht so einfach und selbstverständlich zu beantworten ist, wie das manchereiner tut. Wenn die Annahme sich als richtig erweisen sollte, daß man gar nichts sperren muß, wäre das Ergebnis schlimmstenfalls eine praktisch leere Sperrliste - sicherlich nicht das Ende der Welt.
Rince am :
Wenn es eine praktisch leere Sperrliste wäre, sicher. Aber die Erfahrungen in den anderen Ländern zeigt dass die Sperrliste nicht leer bleibt. Und auch hier gab es schon am Tag nach der Gesetzes-Annahme schon Stimmen die unbedingt noch andere Themen durch die Sperrliste "verborgen" haben wollen - und damit ist genau das eingetreten wovor die Fachleute gewarnt haben: Das Instrument soll für andere Zwecke verwendet werden als den ursprünglichen und die Politiker haben vorher die Unwahrheit (absichtlich) gesagt - um die Bevölkerung zu beruhigen.
Und genau wegen diesen "Spielen" kann ich den Politikern nicht glauben dass sie nicht wissen dass sie die Büchse der Pandora geöffnet haben. Sie wollen es nur nicht wahrhaben oder sehen ihren persönlichen Vorteil (das Thema Lobbyismus hatten wir ja vorhin) darin. Das hat mit der Volksmeinung aber wenig zu tun.
Stefan Reuther am :
Im Pizzamannuniversum kommt doch auch niemand auf die Idee, Post und Druckerzeugnisse vor dem Erreichen des Empfängers abzufangen und sie, falls sie auf ominösen Sperrlisten stehen, umzulenken und stattdessen StVO-Büchlein (mit Stopschild vorne drauf) zu versenden.
Wenn so ein illegales Webangebot länger online ist, die Behörden davon wissen, und es nicht abschalten lassen, haben sie geträumt. Schließlich werden solche Server, falls das tatsächlich der behauptete Massenmarkt ist, nicht in Uruguay stehen, was mit einem feuchten Schnürsenkel an das Internet angebunden ist, sondern in einem Industrieland mit anständiger Internetanbindung und Rechtsprechung.
Hans Bonfigt am :
Hier paßt der Hilbert-Klassiker, "Es gibt Menschen, die haben einen geistigen Horizont mit dem Radius Null und nennen ihn ihren Standpunkt". Ich bin immer noch fassungslos entsetzt über die frenetischen Jubelkommentare, die die pauschale Verunglimpfung eines Großteils der Bevölkerung als "alte Männer mit Kugelschreiber" zur Kunstform hochstilisieren.
In einem Punkt trifft Deutschlands Antwort auf Eric S. Raymond unterdessen zielgenau ins Schwarze:
"Das Internet" ist ein "dummes" Transportmedium ! Für Transportmedien, auch elektronische, existieren seit vielen Jahrzehnten glasklare Regeln. Eine davon ist: Keinerlei Zensur durch den Telekommunikationsanbieter,
im Grundgesetz verankertes Fernmeldegeheimnis.
Frau v.d.Ls Vergleich, "Warum sollen für den Buchladen andere Gesetze gelten als für das Internet" entbehrt jeglicher Analogie zur realen
Situation: Frau von der Leyens Maßnahmen richten sich nicht gegen den Laden, sondern sie sperrt die Straße, an der der Laden gelegen ist.
"Das Netz" ist nicht, was man daraus macht, sondern es ist ein aus gutem Grund von den Vätern des Grundgesetzes geschütztes Kommunikationsmedium.
Daß dabei auch abscheuliche Verbrechen begünstigt werden, das ist der Preis, den man in einer Demokratie leider zahlen muß.
Hans Bonfigt am :
Ich:
Meinen Arsch möchte ich darauf wetten, daß in der Bevölkerung vor zwanzig Jahren mehr Kenntnisse über Computer vorhanden waren als heute, bei der "Generation Golf".
Marc:
Ich glaube eher, daß die Gesamtqualifikation gleichgeblieben ist. Sie verteilt sich bloß auf wesentlich mehr Menschen.
Damit hat Marc wohl den eine Punktlandung hingelegt. Wer weiß schon über den Unterschied zwischen Zeitmultiplex, Frequenzmultiplex und Raummultiplex, Verfahren also, wie sie schon seit Jahrzehnten in der klassischen Telephontechnik verwendet werden ?
Der 98% der Bevölkerung das Recht abzusprechen, sich über Möglichkeiten und Grenzen der Telephonie ein Bild zu machen, ist bestenfalls naiv.
Nebenher: Demagogen wie Schäuble oder Drahtzieher wie das Wiefelspützchen sind keineswegs blöd, sondern mit Sicherheit intelligenter als 98% der "Community".
Aber was meinst Du sollten die sagen ?
"Wir haben Angst vor im Internet organisierten Aufständen gegen unsere Mißwirtschaft und brauchen daher eine Zensurinfrastruktur.
Schade nur, daß uns das Grundgesetz genau das verbietet. Also mißbrauchen wir mißbrauchte Kinder ein zweites Mal und etablieren Sondergesetze, die später nach bewährtem Rezept aufgeweitet und mißbraucht werden.
Damit uns keiner zu früh auf die Schliche kommt, hebeln wir noch eben die Gewaltenteilung aus, indem wir die Zensur ausschließlich in die Hände der GestaWWdes BKA legen".
Glaubst Du, mit dieser einfachen Wahrheit würde man Ermächtigungsgesetze durchdrücken können ?
Nein, da gibt man sich, ganz nach Manager-Manier, von jeglicher Sachkenntnis ungetrübt.
Das Ergebnis kennst Du ja.
Liebe Grüße, Hans